Freitag, März 29, 2024

Nissan Juke

Mit dem Juke bringt Nissan nach Murano und Qashgai den dritten sogenannten Crossover auf die Straße und beschwört damit zugleich das Ende der Schrägheck-Limousinen herauf, die, so der japanische Hersteller, viel zu lange den Markt geprägt haben. Von einem Neubeginn ist die Rede, vom ersten „Baby“-Crossover, kurzum von einer Revolution.

Ob der Juke den Automarkt tatsächlich revolutionieren kann, ist noch offen. Immerhin 2.300 Einheiten sollen nach dem deutschen Marktstart am 9. Oktober 2010 dieses Jahr noch verkauft werden; nächstes Jahr will Nissan gar  13.000 Fahrzeuge unters Volk bringen. Ganz sicher eine Revolution ist dagegen das Design; nur selten war ein Auto derart extrovertiert, gewagt und unkonventionell gestaltet. Nicht einmal der ebenfalls von Nissan stammende Cube, der ohne Zweifel auch für Aufsehen sorgte.
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So weckt der Juke wohl eher ungewollt Erinnerungen an frühe Kindheitstage, an Geschichten aus Entenhausen, und würde Mickey Maus ein SUV, Entschuldigung, einen Crossover fahren, es wäre der Juke. Die knubbelige Form, schmale Hauptscheinwerfer und überdimensionierte Nebellichter, ausgeprägte Radkästen und ein sportliches Greenhouse, das an den 370Z erinnert, machen den optischen Mix aus SUV und Sportcoupé aus. Die Passagiere sitzen erhöht, doch ob der hohen Schulterlinie trotzdem tief im Auto. Das sieht dynamisch aus, ist der Übersicht allerdings nicht gerade zuträglich.
Trotz seiner bulligen Erscheinung ist der auf der gleichen Plattform wie Micra und Note stehende Juke im Grunde ein Kleinwagen; gerade mal 4,14 Meter misst der Viertürer und ist damit fast 20 Zentimeter kürzer als sein Bruder Qashgai . Das merkt man freilich auch am Platzangebot. In der ersten Reihe geht es noch geräumig zu, wenngleich man auf den viel zu weichen Sesseln nicht wirklich bequem sitzt. Außerdem: Das Lenkrad ist nur in der Höhe, nicht aber in der Länge justierbar, was das finden der optimalen Sitzposition nicht erleichtert.
Hohe Ladekante
Im Fond ist es vor allem die eingeschränkte Kopffreiheit, die das Wohlfühlen beeinträchtigt. Viel großzügiger geht es auch im Gepäckabteil nicht zu, 251 Liter passen in der Standardkonfiguration hinein. Klappt man die Rückbank um, erweitert sich der Stauraum auf ordentliche 830 Liter. Was allerdings bleibt, ist die hohe Ladekante, auf deren Höhe das Gepäck erstmal gehievt werden muss. Dafür muss man sich beim Ein- und Ausladen wenigstens nicht bücken.
Ähnlich außergewöhnlich wie das Exterieur ist auch das ordentlich verarbeitete, wenn auch mit reichlich Hartplastik versehene Cockpit gestaltet. Von einem Motorrad inspiriert, liegen die beiden Rundinstrumente dicht nebeneinander in tiefen Röhren, dazwischen drängt sich das Infodisplay. Auch der Mitteltunnel rund um den Schalthebel soll Motorrad-Assoziationen wecken und an den Tank erinnern. In der Mittelkonsole findet sich neben dem bekannten Navigations-Display eine neue Bedieneinheit für Klimaanlage und Fahrzeugeinstellungen.
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Zwei in einem
Der Clou: Das etwas gewöhnungsbedürftige System kommt mit wenigen Tasten aus, die per Knopfdruck Funktion und Beschriftung wechseln. Einerseits lässt sich so die Lüftung steuern, im D-Mode lassen sich dagegen verschiedene Fahrmodi einstellen, Verbrauchsinformationen abrufen oder sogar ein G-Meter einblenden, der die Beschleunigungskräfte graphisch darstellt. Bei den Fahrmodi hat man die Wahl zwischen Normal, Sport und Eco, was Einfluss auf die Lenkung, Gasannahme und – falls vorhanden – das Automatikgetriebe nimmt. Das Fahrwerk bleibt dagegen unberührt.
Die Feder-Dämpfer-Abstimmung braucht allerdings auch keine Verstellmöglichkeiten, der Juke ist ausreichend straff, um ihn sportlich bewegen zu können, und trotzdem werden grobe Asphalt-Schnitzer gut neutralisiert. Auch die Lenkung arbeitet für eine flottere Gangart ausreichend präzise. Dagegen spricht allerdings der nicht vorhandene Seitenhalt der Sitze.
Dass die sogenannten Crossover mit einem SUV nicht mehr viel zu tun haben, ist hinlänglich bekannt. So findet sich unter den fünf verfügbaren Motor-Getriebe-Kombinationen nur eine einzige, die die Kraft an alle vier Räder schickt: das Top-Modell mit neuem 1,6-Liter-Turbo-Benziner und stufenlosem Automatikgetriebe zum stolzen Preis von 25.140 Euro.
Kaum Allrad-Anteil
Wieviele Kunden sich für den 4×4 entscheiden sollen, hat Nissan gar nicht erst verraten. Doch zum Spitzen-Benziner, der standardmäßig mit Frontantrieb und manuellem Sechs-Gang-Getriebe (ab 21.190 Euro) vorfährt, werden insgesamt voraussichtlich nur zehn Prozent aller Käufer greifen. Ein 190-PS-Turbo-Aggregat ist in dieser Fahrzeugklasse schlichtweg übermotorisiert, wenngleich das neue Triebwerk einen hervorragenden Eindruck hinterlassen hat.
Der kurz übersetzte erste Gang bringt den Vier-Zylinder schnell auf Touren und überspielt gekonnt ein kleines Turboloch; ab 2.000 Umdrehungen liegen 240 Newtonmeter an der Kurbelwelle an. Das Drehmoment verweilt auf diesem Niveau bis zu 5.200 U/min und mitunter hat der Fronttriebler so seine Probleme, die Kraft auf die Straße zu bringen. Scharrende Vorderräder und ein Reißen in der Lenkung gehören dazu, bis das serienmäßige ESP maßregelnd eingreift.
Motivierend
In acht Sekunden soll der Turbo den 1,3 Tonnen schweren Juke auf Tempo 100 beschleunigen und dabei nur 6,9 Liter verbrauchen. Die Realität dürfte auch hier, wie so oft bei aufgeladenen Benzinern, anders aussehen und ein Verbrauch von neun bis zehn Litern muss kalkuliert werden. Zumal der kultivierte, drehfreudige Motor nicht gerade zu einer spritsparenden Fahrweise animiert. Der Allrad-Juke liegt im EU-Zyklus übrigens bei 7,6 Liter Durchschnittsverbrauch.
Verhaltener Umgang mit dem Treibstoff ist die Aufgabe des einzigen angebotenen Diesels (ab 18.890 Euro), dem aus dem Renault-Regal stammenden 1.5 dCi. Der konzernweit verbreitete Vier-Zylinder mobilisiert lautstark und mit spürbaren Vibrationen 110 PS und ebenfals 240 Newtonmeter, allerdings schon bei 1.750 Umdrehungen, was den Juke aus dem Stand zügig lossprinten lässt. Die Kraft wird alternativlos mittels Sechs-Gang-Getriebe verwaltet, das gut abgestuft ist und sich präzise schalten lässt. Ohne Stopp-Start-Automatik oder sonstige Spritsparmaßnahmen – das beherrscht keiner der Jukes – soll der Nissan  so motorisiert 5,1 Liter Diesel schlucken.
Basismotor mit nur fünf Gängen

Die Basismotorisierung, die wahrscheinlich ein Drittel aller Käufer ordern wird, ist ein 1,6-Liter-Benziner mit 117 PS, der standardmäßg nur ein Fünf-Gang-Getriebe mitbringt. Alternativ steht eine stufenlose Automatik zur Wahl (1.400 Euro Aufpreis). Leider stand uns das Volumenmodell für die erste Ausfahrt nicht zur Verfügung, doch lassen die technischen Daten vermuten, dass der Ottomotor ganz nach klassischer Saugermanier bei Drehzahlen gehalten werden will, um flott voran zu kommen. Sein Drehmoment von 158 Newtonmetern steht bei 4.000 Touren parat; den Standardsprint beziffert Nissan mit elf Sekunden, den Verbrauch mit 6,4 Litern.
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