Samstag, April 20, 2024
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Fahrbericht Mercedes-Benz SL 350: Quersumme der Möglichkeiten

60 Jahre gibt es nun den Mercedes SL. Wobei die beiden Buchstaben für „Super Leicht“ stehen, aber mittlerweile eine umfassendere Bedeutung haben. Alle SL waren so etwas wie die Quersumme der sportlichen Fähigkeiten sowie der Sicherheit und Komfort betonenden Techniken der Stuttgarter, die meisten außerdem Design-Ikonen. Seit dem Frühjahr haben wir es nun mit neuen SL zu tun, die zu Preisen zwischen knapp 94 000 Euro für den SL 350 mit dem V6-Motor und fast 200 000 Euro für den AMG V12 mit 463 kW / 630 PS gelistet sind. Wir versuchten den kleinen SL, den Sechszylinder mit 225 kW / 306 PS.
Beginnen wir beim Design. SL brachten bei ihren Premieren ein revolutionierendes Design – siehe 300 SL und Pagode. Bei diesem SL steht man vor der Frage, ob die nur den alten verbessert und ihre aktuelle Formensprache auf die alten Proportionen gesetzt haben. Im Sinne der Quersumme soll der neue SL offenbar zeigen, wo es in den kommenden Jahren bei Mercedes-Benz langgeht. Der Quantensprung in die Zukunft findet dieses Mal nicht statt. Wer ihn aber lange genug mit Augen und Tastsinn erkundet, erkennt, dass für den Neuen das Glatte, Schöne und Harmonische in den Hintergrund trat und er sich statt dessen mehr als markig und markant, schnell und selbstbewusst dargestellt.

Unser Exemplar trug die Lackierung Design Magno (Aufpreis 5510), ein mattes Dunkelgrau, das diesen Eindruck von mehr Männlichkeit überdeutlich unterstreicht. Man gewöhnt sich an diese Farbe nicht nur, man entwickelt mehr Respektvor dem SL. Sie passt zu ihm und wirkt auch ganz beachtlich auf die Umwelt.

Erst kürzlich zeichnete der Rat für Gestaltung sowohl das Äußere als auch für die Innenraumgestaltung aus. Über letztere lässt sich Ähnliches sagen wie über die Außengestaltung, nur strahlt der SL innen mehr Luxus aus als außen. Belederte Armaturentafel, chromumrandete Ausströmer, das Drei-Speichen-Lenkrad mit Multifunktionstasten und Schaltpaddeln, die beiden Rundinstrumente im Chronographen-Look – das alles bringt gerade die rechte Mischung zwischen Gestern und Morgen. Steigt man tiefer ein, findet man mehr vom Morgen; denn alle elektronischen Helferlein, die Mercedes-Benz bietet, lassen sich über das Command Online-System auf den Bildschirm in der Mittelkonsole bringen und steuern. LED-Scheinwerfer samt dem Intelligent Light System, die Sieben-Gang-Automatik, das Command System und eine Polsterung mit einer Stoff-und Lederausstattung in Schwarz gehören zur angemessen umfangreichen Serienausstattung.

Bei unserem SL wurde diese Atmosphäre vom kompletten Luxusambiente noch hervorgehoben durch die Sitze in Designo-Polsterung Leder Exklusiv Platinweiß (Aufpreis 5355 Euro). Das sorgte nicht nur für den entsprechenden Aha-Effekt beim Einsteigen. Es gab dem Innenraum auch dann Frische, wenn das die Magic Vision-Control das Glas-Dach zur dunklen „Sonnenbrille“ geschaltet hatte. Beim Offenfahren kam so zum großen Auftritt des SL in seinem kämpferischen Asphaltgrau nun der auch für Außenstehende überdeutliche Effekt des weiß aufblitzenden Leders.

Das Auf- und Wegfalten des Dachs braucht nur rund 20 Sekunden. Aber es muss im Stand geschehen, weil die deutsche Zulassungsbehörde festgestellt hat, dass beim Aufklappen für ein paar Sekunden das hintere Kennzeichen nicht abgelesen werden kann. Das lässt sich verschmerzen, weil anschließend zwischen Seitenscheiben und elektrisch ausfahrbare Windschott eine sturmfreie Reise unter freiem Himmel beginnt. Vom 381 Liter großen Kofferraum bleiben bei offenem Dach noch 241 Liter, genug fürs lange Wochenende und die Kreditkarte für den längeren Urlaub.

Urlaub – das ist das richtige Stichwort für den SL 350 und sogar für seine stärkeren „Brüder“, den SL 500, den SL 63 AMG und den SL 65 AMG. So merkwürdig es klingt: „Reisen statt Rasen“ ist der Slogan, der auf den SL gemünzt sein könnte. Sicher bringt das schnelle Fahren Spaß. Auch der SL 350 kommt in 5,9 Sekunden von null auf 100 km/h und muss bei 250 km/h abgeregelt werden. Aber der Zufriedenheitsindex näherte sich bei uns immer dann dem Maximum, wenn wir ihn gleiten ließen – schnell natürlich und komfortabel.

Mit aktivem Fahrwerk und alle den Maßnahmen zur Verbesserung der Sportlichkeit, wie man sie bei den AMG-Versionen erwartet und zum Teil auch schon für den SL 350 und SL 500 erwartet, wird jeder SL zum agilen Sportler. Wir aber waren selbst erstaunt, wie gern wir uns vom SL zum schnellen Reisen überreden ließen.

Erstaunt waren wir auch über den Verbrauch. Für die Autobahnetappe von Hannover nach Hamburg brauchten wir bei einem schnellen Schnitt von 105 km/h nur 9,2 Liter auf 100 km/h. Denselben Wert fanden wir auf der Uhr nach 30 Kilometern im Feierabendverkehr durch die Hamburger Innenstadt. 6,9 Liter soll der SL 350 im Durchschnitt (nach EU-Norm) brauchen, 30 Prozent weniger als der Motor im alten SL 350, dank der Sieben-Gang-Automatik, dem Start-Stopp-System und vieler weiteren Detailmaßnahmen. Nach den beschriebenen und weiteren Erfahrungen in der Praxis scheint dieser Wert erreichbar. Wer hätte gedacht, dass man einen SL mit Verbrauchswerten zwischen sieben und zehn Litern fahren kann?

Mag sein, dass das einen echten SL-Freund nicht wirklich interessiert. Aber der Verbrauch sagt ihm, dass er sich für ein Hightech-Triebwerk entschieden hat und damit für einen Roadster, der immer noch die Quersumme aller sportlichen und technischen Möglichkeiten von Mercedes-Benz in dieser Klasse darstellt. (ampnet/Sm)

Daten Mercedes-Benz SL 350

Länge x Breite x Höhe (m): 4,61 x 1,88 x 1,32
Motor: V6, 3498 ccm, Turbolader, Direkteinspritzung
Leistung: 225 kW / 306 PS bei 6500 U/min
Max. Drehmoment: 370 Nm zwischen 13500 und 5250 U/min
Verbrauch (nach EU-Norm): 6,9 Liter
CO2-Emissionen: 159 g/km (Euro 5)
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h (abgeregelt)
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h: 5,9 Sek.
Leergewicht/Zuladung: 1685 kg / 380 kg
Kofferraumvolumen: 241 Liter (Dach offen) bis 381 Liter
Reifen: 255/45 R 17
Wendekreis: 11,04 m
Basispreis: 93 534 Euro

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